Persönlich

Ein Liebesbrief an das Baby, das wir nicht sehen durften

5. October 2022

Geliebtes Kind,

fünf Wochen durften wir dich begleiten, als du noch im Bauch deiner Mama warst. Du bist nur so groß wie der kleine Fingernagel von Papa geworden – und dann warst du plötzlich nicht mehr da. So schnell wie du zu uns gekommen bist, warst du auch schon wieder weg. Ein herzzerreißender Moment, als wir erfahren haben, dass wir dich auf dieser Seite der Ewigkeit nicht mehr kennenlernen werden.

Aber weißt du, was uns tröstet? Wir wissen, dass die Augen deines und unseres Gottes dich schon als ungeformten Keim gesehen haben, und dass in sein Buch alle Tage geschrieben waren, die noch werden sollten, als noch keiner von ihnen war. Wir wissen nicht warum, aber er hat für dich, kleiner Mensch, entschieden, dass es keine Tage mehr werden. Er hat dir einen Herzschlag geschaffen, bevor wir ihn jemals hören konnten. Er hat dir einen Namen gegeben, bevor wir uns entscheiden konnten, bevor wir überhaupt wussten, nach welchem wir suchen sollten. Du warst ihm nicht verborgen, als du Gestalt angenommen hast, als du im Dunkeln erschaffen wurdest, kunstvoll gebildet im tiefen Schoß der Erde, bevor wir es geschafft haben, ein Ultraschallbild von dir zu sehen. Uns bist du verborgen geblieben, ihm aber nicht. Gott war es, der deinen Körper und deine Seele erschaffen hat, kunstvoll hat er dich gebildet im Leib deiner Mutter.

Wenn wir an dich denken, verspüren wir Tränen und verwehte Vorfreude, die wie die Kornblume vor unserer Haustür im kalten Herbstwind abgeblüht ist. Es ist schwierig, aber im Prozess lernen wir, zu Menschen zu werden, die Gott preisen, egal wie der Ausgang dessen ist, was wir uns von ihm gewünscht oder was wir erwartet haben. Die sich in anbetender Ehrfurcht dem beugen, der geben und wieder nehmen kann. Schlussendlich wird das jeder Mensch tun, doch wollen wir zu denen gehören, die das mit Lobpreis auf dem Mund tun.

Für dich gilt das gleiche, was auch für uns gilt: wir haben nichts in die Welt hineingebracht, und es ist klar, dass wir auch nichts hinausbringen können. Du hast nie etwas besessen, dass du hättest mitnehmen können, du warst dir nie deiner Existenz bewusst, aber du warst schon ein geliebtes Wesen. Der Schöpfer des Universums kannte dich schon, bevor wir von dir wussten. Seine Liebe hat deinem Leben eine Würde gegeben. Dir wird erspart bleiben, Menschen kennenzulernen, die dir und anderen Menschen deines Alters diese Würde absprechen wollen. Einer kann und darf entscheiden, ob du das Licht und Dunkel dieser Welt sehen kannst. In deinem Fall hat er so entschieden, und wir nehmen diese Entscheidung von ihm an, im Wissen, dass alles zu unserem Besten dient. In der Freude darüber, Teil seiner Geschichte zu sein.

Wir sind uns sicher, dass der Tod von Jesus auch für dich gilt. Dass seine Liebe, die sich auf Golgatha zeigt, besonders auch den Tod, mit dem Ungeborene zu kämpfen haben, besiegt hat. In diesem Wissen warten und freuen wir uns darauf, dich auf der anderen Seite seiner Liebe kennenzulernen. Bis dahin,

In Liebe

Papa und Mama

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