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Die Frau deiner Jugend

12. May 2022

Ich liebe es, Tanja Komplimente zu machen. Ihr zu sagen, wie geheimnisvoll ich ihre grün-bläuliche Iris finde, besonders, wenn sie das Abendlicht in vielfältigen Goldtönen reflektieren, das die Ausläufer der untergehenden Frühlingssonne durch das Fenster bringen, und so noch mehr Strukturen der Regenbogenhaut sichtbar werden. In der letzten Woche musste ich an den Vers aus Sprüche 5 denken: freue dich an der Frau deiner Jugend! (Sprüche 5, 18). Wir heiraten zwar erst im August, aber mir ist zum ersten Mal aufgefallen, wieviel er eigentlich beinhaltet.

Zum einen ist die Satzart spannend: es handelt sich um eine Aufforderung. Die Bibel sieht es nicht als eine Option an, dass ein Mann seine Frau liebt und sich an ihr erfreut. Sie hat viel über Ehe zu sagen, über ihre Rahmenbedingungen, ihre Dos und Don’ts (im ganzen Kapitel beschränkt Salomo Intimität und Freude auf einen Mann und eine Frau), ihre Herausforderungen – aber sie wünscht sich eine liebevolle Beziehung, in der ein enges, vertrautes Miteinander herrscht, das sich um Wünsche und Bedürfnisse des jeweils anderen kümmert. Paulus schreibt in 1. Korinther 7, 3-4 sehr eindrückliche Worte darüber: Der Mann gebe der Frau die Zuneigung, die er ihr schuldig ist, ebenso aber auch die Frau dem Mann. Die Frau verfügt nicht selbst über ihren Leib, sondern der Mann; gleicherweise verfügt aber auch der Mann nicht selbst über seinen Leib, sondern die Frau. Beide Elemente ergänzen sich zu einem Ganzen: Pflicht und Freude. Dort, wo eines der beiden verloren geht, gerät Ehe aus der Balance. Wir sehen das (wahrscheinlich besonders ausdrucksstark in vergangenen Tagen) an Beziehungen, in denen man keine Freude (mehr) aneinander hat, sondern nur noch nebeneinander herlebt, genauso wie im heutigen Zeitalter des expressiven Individualismus, der den inneren Gefühlen und Begierden den Vorrang vor jeglicher Bindung gibt und Stabilität und Vertrauen zum Kartenhaus macht. Das biblische Modell schafft einen streng abgegrenzten Raum um zwei Menschen, der nach innen und vor draußen schützt, aber in dem wunderbare Dinge entstehen und die Entfaltungszeit bekommen können, die sie eben oft brauchen. Dort kann Freude aneinander gedeihen und tiefe Wurzeln bekommen. John Piper sagt diese Dinge viel schöner als ich: “Noël und ich stehen felsenfest zueinander, und es gibt auf beiden Seiten nicht den Hauch von Untreue. Aber […] “felsenfest” [ist] nicht immer eine emotional befriedigende Metapher, besonders für eine Frau. Ein Felsen ist nicht das beste Bild für den zärtlichen Begleiter einer Frau. Mit anderen Worten: Der kostbare Garten meines Hauses muss gepflegt werden.” (Blogartikel bei Desiring God)

Weiterhin ermutigt und bestärkt mich der Vers darin, dass es gut ist, jung zu heiraten und nicht lange damit zu warten, einer jungen Frau ein bedingungsloses Versprechen zu geben. Ich glaube, dass das Hauptaugenmerk dabei gar nicht nur auf der Vermeidung von sexuellen Fehltritten liegt, die damit sicherlich einfacher sein kann, auch wenn das ein Punkt ist, sondern auf dem Erlernen von Treue, die auch dann Stabilität gibt, wenn die Zeiten herausfordernd sein werden. Auch hier erinnere ich mich an die Worte von John Piper, der selbst sehr jung geheiratet hat und in etwa sagte, dass seine Frau und er sich entschieden hatten, lieber zu zweit zu hungern als alleine genug zu haben, weil eine biblische Ehe so etwas wunderschönes und erstrebenswertes ist.

Ganz besonders großartig finde ich, dass die Freude an der Frau an keinerlei Bedingung geknüpft wird. Es ist nicht die Rede von “der schönen Frau deiner Jugend” oder von “freue dich an deiner Frau, solange sie jung ist“. Die Bibel schätzt und erkennt äußerliche Schönheit an (nimm nur mal das Hohelied, das auch von Salomo stammt), aber sie bindet den Wert und die Schönheit von Menschen, auf die es ankommt, nicht im geringsten daran. Anders als in sozialen Netzwerken, auf Fashionweeks oder Werbeplakaten wird nicht relativ, von außen nach innen und abhängig von Faktoren definiert, wer liebenswürdig ist, sondern absolut – als geliebtes und erdachtes Geschöpf -, von innen nach außen – der Fokus liegt auf dem Herzen und nicht der Gesichts- oder Körperform – und unabhängig von Alter oder Attraktivität. Wie gesagt, die Bibel lädt wie im oben genannten Vers dazu ein, Freude aneinander zu haben, aber sie definiert Liebe nicht über vergängliche und oft schwer zu erhaltende Grundfesten, sondern am Beispiel der Liebe, mit der wir zuerst geliebt wurden. Weil wir einst ineinander verkrümmt und mit einem großen Problem weit entfernt von liebenswert bedingungslos von Gott angenommen und durch das stellvertretende Sühneopfer von Jesus zu seiner perfekten Braut gemacht wurden, die neu eingekleidet in Heiligung immer schöner werden darf, dürfen wir unsere Liebe zu anderen davon ableiten. Dann erfahren das Ziel und das Tagein, Tagaus von Liebe eine völlige Neuformung.

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